Inhalt der Seite

Angebot Rede zur Einbürgerung

Anlässlich der Einbürgerung von 24 neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern aus Oer-Erkenschwick, Datteln und Haltern am See hielt Landrat Cay Süberkrüb folgende Rede, bevor er die offiziellen Urkunden überreichte: 

Sehr geehrter Herr Benterbusch,
sehr geehrte Frau Schlierkamp, 
sehr geehrter Herr Hamann, 
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Einige von Ihnen kommen aus Griechenland, dem Iran oder der Türkei, aus Thailand, den Niederlanden oder Großbritannien. Andere sind hier im Kreis Recklinghausen geboren und haben bereits ihr ganzes Leben in der Region verbracht. Sie alle haben sich bewusst für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden.

Heute darf ich Ihnen Ihre Einbürgerungsurkunden überreichen. Darüber freue ich mich!

Der Autor Michael Ende schrieb in seiner „Unendlichen Geschichte“: „Wer keine Vergangenheit hat, der hat auch keine Zukunft“. Keiner von Ihnen gibt mit der deutschen Staatsbürgerschaft seine persönlichen Wurzeln oder seine Lebensgeschichte auf. Das erwartet auch niemand von Ihnen.

Ich erwarte vielmehr, dass Sie das Beste aus Ihrer persönlichen Entwicklung und Erfahrung weitergeben und einbringen.

Die Einbürgerung zu beantragen ist ein wichtiger Schritt: Er zeigt den Willen, die eigene Zukunft in dem Land zu gestalten, in dem man zukünftig leben will. Er ist auch Ausdruck der Zuversicht, in diesem Land eine gute Zukunft zu finden.

Das freut mich in diesen Monaten besonders. Es sind schließlich unruhige Zeiten für Europa: Donald Trump regiert eines der mächtigsten Länder der Welt, die Demokratie in der Türkei zerfällt zusehends, der Rechtsruck zieht in immer mehr Parlamente ein.

Ich glaube an die Menschen in diesem Land – und damit auch an Sie alle. Wenn wir mutig sind, unseren Verstand einsetzen und aufeinander Acht geben, bleibt Deutschland die sichere Heimat, in der Populismus, Fremdenhass und Rassismus keine Chance haben.

Mit 80 Millionen Menschen ist Deutschland das bevölkerungsreichste Land in Mittel- und Westeuropa.

Landschaftlich bietet es eine riesige Vielfalt, von Nord- und Ostsee über Rhein und Elbe, über Felder, Wälder, Flüsse und Seen bis hin zu den Alpen. Unsere Wirtschaft ist bestens aufgestellt, unser Maschinenbau ist exzellent und weltweit begehrt. Weltunternehmen wie Siemens und Mercedes sind überall vertreten und verkörpern das Bild von gut organisierten High-Tech-Unternehmen.

Städte wie Berlin, München oder  Hamburg können mit ihrem Flair und ihren kulturellen Angeboten als Metropolen in unserer Welt selbstbewusst bestehen.

Bach und Beethoven sind Geschenke Deutschlands an die ganze Welt der Musik, Goethe, Schiller, Thomas Mann und Günter Grass waren Dichter und Schriftsteller von Weltrang.

Neben diesen großen Namen und Orten sind es jedoch vor allem die Menschen und Orte um uns herum, die unser Land so lebenswert machen. Das Schiffshebewerk in Datteln oder die Halde Hoheward in Herten prägen unsere Region, genauso wie das Grün der Haard oder das Blau der Lippe und der Emscher.

Heimat ist mehr als ein Ort. Es ist die Summe aus den Plätzen, an denen man sich wohlfühlt, den Dingen, die man gerne tut und den Menschen, die um einen herum sind. Nichts schafft mehr Heimat als ein gutes Miteinander.

Im letzten Jahr löste Horst Seehofer mit seiner Aussage, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, eine große Debatte aus. Was aber gehört zu Deutschland? Das Wochenmagazin „Der Spiegel“ beantwortet diese Frage so:

>>Was also gehört zu Deutschland? Was ist das, dieses Wir, das uns zusammenhält: Atheisten und Juden, Christen und Muslime, Linke und Rechte, West- und Ostdeutsche, Bayern und Niedersachsen, Großstädter und Dorfbewohner? Und wer entscheidet und aus welchen Gründen darüber, wer alles nicht mitmachen darf? Gehören deutsche Antisemiten zu Deutschland? Afd-Politiker? Muslimische Einwanderer, die auf ihr Recht bestehen, nichts mit dem Holocaust zu tun zu haben? Katholische Fundamentalisten, die auf Anti-Merkel-Demonstrationen „Widerstand, Widerstand“ brüllen? Wahrscheinlich muss man all das ertragen. Man kann ja anderer Meinung sein.

Das Kreuz, das Kopftuch und die Kippa, sie alle muss man frei zeigen können, jederzeit, wann und wo man will, in welchem Kiez auch immer, auf dem Helmholtzplatz, beim Hip-Hop-Konzert, sogar in der Bayrischen Staatskanzlei. Sie sind Symbole für unsere freiheitliche Demokratie.<<

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie genießen künftig alle Rechte, die Ihnen unser Grundgesetz bietet: Freizügigkeit, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit und all die anderen Grund- und Menschenrechte.

Es sind Werte und Rechte, die wir gemeinsam schützen und verteidigen müssen – ich rufe Sie dazu ausdrücklich auf. Bleiben Sie nicht still, wenn diese Rechte mit Füßen getreten werden. 


Davon erfahren wir in der letzten Zeit immer öfter. Feuerwehrleute, Rettungssanitäter, Busfahrer, Jobcentermitarbeiter, Polizisten, Bürgermeister werden im Netz und im wirklichen Leben attackiert, verletzt, an ihrer Arbeit gehindert und mit hemmungslosen Hasstiraden und sprachlicher Jauche übergossen.

Wenn Hetze zum Volkssport wird, dürfen wir nicht einfach zuschauen. Wenn aggressive Zusammenrottungen und Tätlichkeiten alltäglich werden, muss sich der Staat konsequent durchsetzen.

Elie Wiesel, Holocaust-Überlebender und Friedensnobelpreisträger, sagte treffend: „Man muss immer Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

Wir wollen zurück zu Anstand, Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt und Hilfsbereitschaft in Wort und Tat. Gegen Hass und Häme müssen Herz und Hirn gewinnen. Dafür müssen wir alle gemeinsam einstehen. Das bedeutet auch: nutzen Sie Ihr Wahlrecht, das Sie mit der deutschen Staatsbürgerschaft erhalten haben. Geben Sie denen, die für Hass und Ablehnung werben keine Chance und kein Forum.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit mehr als 617.000 Einwohnern in zehn Städten sind wir der Kreis in ganz Deutschland, in dem die meisten Menschen leben.

Rund um Haltern am See finden Sie die schöne Landschaft des Münsterlandes, weiter nach Süden die bewaldeten Hügel der Haard, und ganz im Süden die naturnah gestalteten Halden, in Herten gekrönt von den Himmelsbögen, einem der Symbole des neuen Ruhrgebiets.

Jede Stadt des Kreises Recklinghausen hat ihren eigenen Reiz, ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Sehenswürdigkeiten und Attraktionen: Ich lade Sie dazu ein, sie sich anzuschauen.

Es ist schön in unserem Kreis – und ich freue mich, dass Sie hier Ihren Lebensmittelpunkt haben.

Glück auf!